St. Anna Kirche Würflach
Unsere schöne Pfarrkirche steht auf einer mäßigen Anhöhe und grüßt weit hinaus ins Land.
Die Chronik berichtet:
"Wie alt die Kirche seyn könne, läßt sich nicht leicht ausfindig machen, da hierüber weder eine (authentische) Jahreszahl am Gebäude noch irgend ain anderer schriftliches Dokument vorhanden ist. Daß aber diese Kirche sehr alt seyn muß, wenngleich nicht die Form, in der sie dasteht, beweist der Stiftsbrief aus dem Urbar in St. Lorenzen vom St. Martinstag des Jahres 1381, pag 353."
(Der Kurzinhalt einer Sage, die ich leider in ihrer Gesamtheit nirgends auftreiben konnte, erzählt: "Eine Jungfrau läßt ihr Vermögen einem jungen Ochsen aufladen; wo der stehen bleibt, soll die Kirche erstehen.")
Ursprünglich war die Kirche im romanischen Stil errichtet worden und wird 1353 und 1381 urkundlich erwähnt. Sie soll aber schon 1204 gestanden sein. In einer Urkunde bestätigt nämlich der damalige Papst Innozenz am 21. Oktober 1204 dem Probst und Chorherrnstift von Gurk den Besitz der Pfarre St. Laurenzen einschließlich ihrer Filialkirchen St. Johann, St. Valentin, Würflach und einer Kapelle in Wolfstain.
Von unserer ersten romanischen Kirche sind nur zwei Steine übrig geblieben, die heute an der Westmauer der Pfarrkirche als "Christus-Salvatorkopf" und an der westlichen Friedhofsmauer als "Sonnenkopf" zu sehen sind. Sie sollen die Schlußsteine der Säulen in der romanischen Kirche gewesen sein.
Der Umbau von der romanischen in die gotische Kirche erfolgte wahrscheinlich 1479. Diese Jahreszahl fand sich in einem Stein in der Friedhofsmauer. Kirche und Wehrkirche sind vermutlich in dieser Zeit von Sebald Werpacher, dem Stadtzeugmeister von Wiener Neustadt, (gestorben 1503) erbaut worden. In seinem Testament heißt es unter anderem: "Item die von Wirflach sind mir schuldig von der kirchen zwei Pfund Pfennige, daran bin ich ihnen ein Stein zu einer form schuldig."
Unsere Pfarrkirche war demnach zu einer Wehrkirche ausgebaut worden. Ringsum schützte die Kirchhofsmauer mit Ausschußlöchern, Schießscharten, Zinnen und Türmchen als Verteidigungswall die Kirche. Die Höhe der Wehrmauer betrug überall vier Meter über dem Boden und ist an der Westseite erhalten geblieben. Dieser Mauerteil läßt den Eindruck zu, als sei hier einmal eine Bresche ausgebessert worden. An der Innenseite der Mauer verlief in einer Höhe von etwa zwei Metern ein hölzerner Wehrgang und darüber waren handgerecht die Schießscharten angebracht. An anderen Mauerresten sind noch Schlüsselscharten und Löcher für die Tragbalken des Wehrganges zu erkennen.
Die südseitige Wehrmauer ist bei der Erweiterung des Friedhofes bis auf den Grund abgetragen worden, war aber 1840 noch in voller Höhe erhalten. Die Südwestecke des Wehrkirchhofes ist durch einen Dreiviertelrundturm (Rondelle) mit Schlüssellöchern bewehrt. 1840 besaß der Turm noch ein Obergeschoß und einen dachlosen gezinnten Abschluß.
Auch die Kirche war zur Verteidigung eingerichtet. Über den Eingängen sowie über der östlichen Chorseite sprangen Gußerker vor, von denen heute nur noch die Kragsteine erhalten geblieben sind.
DER TURM, ein sogenannter Dachreiter, stammt in seinen unteren Teilen aus der Bauzeit Ende des 15. Jahrhunderts, vom Dachgiebel an wurde er 1731 - 1733 neu gebaut. Turmreparaturen waren 1878, 1897, 1941 und zuletzt 1970. Der Turm hat eine Höhe von 41 Metern. Turmhelm samt Kuppel und Kreuz sind 15 Meter hoch. Das Turmkreuz ist aus Schmiedeeisen, die Kugel mit Kupferblech überzogen.
Anläßlich der letzten Reparatur (1970) wurde die Kreuzkugel geöffnet und darin eine Blechhülse mit folgendem Inhalt gefunden:
- Eine Pergamentrolle mit Aufzeichnungen über eine im Jahre 1897 durchgeführte Turmreparatur. Von dieser Pergamentrolle umhüllt war noch ein Bildchen von der Kreuzreliquie des Stiftes mit einem Gebet in deutscher, ungarischer und slawischer Sprache und eine Firmenkarte der Spenglerfirma Johann Hansel aus Wiener Neustadt.
- Ein Geldbeutel mit 12 Stück alten Münzen.
- Ein runder Holzbehälter mit einem kleinen Fläschchen und folgender Beschreibung des Inhaltes: "Heylsames Oehl, so auß den Gebeinern der der Heil. Jungfrauen und Äbtissin Walburga zu Aichstett fliesset in ihrem würdigen Gotteshaus unter dem Hochaltar." Die vorgenannten Gegenstände wurden wieder in der Kreuzkugel verwahrt und zusätzlich ein Schriftstück mit einem Situationsbericht von 1970 beigelegt.